Es ist der 18.07.2016, strahlender Sonnenschein über der Tundra nahe Kangerlussuaq, Westgrönland. Eine Gruppe von  knapp 30 Leuten sitzt im Kreis und lauscht aufmerksam den Geschichten von Angaangaq Angakkorsuaq. Der Finger des Großen Eises hinter uns bildet eine überwältigend schöne Kulisse.

Angaangaq erzählt über seine Heimat, Kalallit Nunaat, das einzige Land dieser Erde, in dem Menschen wohnen und in dem es noch nie Krieg gegeben hat. Er spricht über den Klimawandel, deutlich zu sehen an dem reißenden Fluß hinter uns, der unter dem Großen Eis entspringt und aus Schmelzwasser besteht. Und noch deutlicher zu hören, wenn der Gletscher kalbt und riesige Eisblöcke wie mit Donnerhall abbrechen und in den Fluß stürzen.

Und Angaangaq spricht darüber, wie wichtig es ist, bei sich selbst zuhause anzukommen.

Wir haben uns hier mit Angaangaq im Land seiner Ahnen getroffen, um mit ihm gemeinsam der alten Tradition der Eskimos entsprechend, eine ganz besondere Vollmondzeremonie zu feiern, verbunden mit einer “schamanisch spirituellen Wanderung”. Für diese Zeremonie steigen wir in den Bergen auf ein Hochplateau, wo wir, wenn der Vollmond aufgeht, genau zwischen der Mitternachtssonne und dem Vollmond stehen und die unglaublich kraftvolle Energie dieser beiden Himmelskörper spüren können.

Im  Anschluß daran brechen wir zu der schamanisch spirituellen Wanderung auf, um etwa zehn Stunden lang durch die Berge und die Tundra zu wandern, – im Schweigen, ohne zu essen oder zu trinken, ohne einander anzusehen und ohne einander zu berühren -, nur ein jeder ganz mit sich, seinen Gedanken und seinen Gefühlen, um am Ende bei sich selbst zuhause anzukommen.

Es ist so schön, zu sehen und zu spüren, wie aus diesen knapp 30 Menschen, die sich vorher nicht kannten, erst eine Gruppe und dann ein Kreis entsteht. Ein Kreis, der keinen Anfang und kein Ende hat, in den wir alle hineingehören. Die Schönheit des Kreises ist, daß wir nicht den Rücken voneinander sehen können und die Kraft des Kreises ist es, daß wir nur die Schönheit voneinander sehen können.

Als ich nach aufregenden acht Tagen alle am Flughafen mit einer Umarmung verabschiedet habe, habe ich jeden einzelnen gefragt, ob er bekommen habe, was er sich von dieser Reise versprochen hat. Die Antwort, die ich bekam, war:

“Ja, und noch viel mehr als ich erwartet habe………..!”

Amaroq